Dies ist ein kurzer Bericht wie ich noch im Monsopiad Cultural
Village Honorardirektor war und so manch interessante Erfahrungen
sammeln konnte...
Wir
hatten eine Koreanische Filmgesellschaft hier, und die wollten
traditionelles Leben in Sabah dokumentieren. Traditionelles Leben?
Sie waren im Kulturdorf (Monsopiad Cultural Village), und fanden es
zu künstlich... dann sind sie in „richtige“ Dörfer gefahren, und
waren enttäuscht, daß die Leute alle in Adidas Shorts rumrennen, und
Cola trinken. Kam noch dazu, daß die Dorfleute „schlechte“
Schauspieler waren. Also kamen sie wieder ins Kulturdorf, und haben
unser Leben hier schwer gemacht. Zum Glück haben sie auf Tapai
bestanden. Viel Tapai.
Wir wußten eigentlich gar nicht so richtig, was die wollten, und wir
hatten ein sehr starkes Gefühl, daß die es auch nicht so richtig
wußten. Traditionelles Leben wurde immer wieder gesagt, aber der
schlecht Malay und schlechter English sprechende Koreanische
Übersetzer hat auch Schauspielen und Schauspieler in unsere
Unterhaltung eingewoben, allerdings immer nur sehr wage. Krieger,
Schlingelbengel, exotische Schönheiten, Großmütter, Priester,
Häuptling. Und eine Ziege. Das wollten sie, das verstanden wir.
Morgen in der Früh.
Bis auf die Schlingelbengel hatten wir alle am Morgen versammelt.
Dann mußten wir dem koreanischen Regisseur erklären, daß die
Schlingelbengel, Schlingel hin oder Bengel her, in diesen ach so
sehr modernen, zivilisierten Zeiten des Autostaus und Leitungswasser
in die Schule gehen. Das war ein Zeugs, bis die das verstanden. Zum
Glück hat die Ziege freundlich in die Kamera gemeckert.
Dann mußten alle Topfpflanzen weg. Nein, bitte nicht den Garten
rechen. Und die „take your shoes off“ Schilder müssen verschwinden.
Toll, ich hatte das zerbrochene gerade wieder zusammengeleimt, und
mit Sekundenkleber an die Wand zementiert... Die schwarzweiß Photos
mußten auch weg. Abfalleimer und Aschenbecher ebenfalls, aber ich
bin sicher, im Film werden die überall plastik Mineralflaschen
haben. Ist ja egal.
Dann fanden wir mehr raus. Das Script. Die koreanischen Schauspieler
(offenbar weltweit Koreanisch bekannt) haben sich in Borneo verirrt.
Sie stoßen auf ein Dorf, und werden von den freundlichen Monsopiad
Kopfjägern aufgenommen, gefüttert, „betrunken“, und schließlich auf
den richtigen Weg gebracht. Dazwischen Spiele, Jagd, und, wichtig,
essen und trinken.
Unsere Arbeiter wurden also wieder einmal Schauspieler, und das
haben sie auch ganz toll hingekriegt. Nur beim Schlachten der Ziege
wäre fast was falsch gelaufen, wie der gute Herr einfach nicht
warten konnte, der Ziege den Hals durchzuschneiden. Im Ende hat ihm
der gestreßte Kameramann das Messer weggenommen. Dann wurde der
Ziege in Kadazan und Koreanisch ihr Schicksal vorausgesagt (gemäß
Script), und erst dann wurde dem Schlächter das Messer
wiedergereicht, welches frischgewetzt dann auch sofort und ohne
weiteres Zögern zum Einsatz kam.
Das mit der Ziege war ja auch so was. Jagen. Wo und was? Gute Fragen
werden immer zum richtigen Zeitpunkt gestellt, dann wenn eine Ziege
gefragt ist. Oder so. Also in unseren Wäldern, da hat es schon mal
Eichhörnchen. Aber von der weltweit unübertroffenen biologischen
Vielfalt, die auch noch vor 30 Jahren hier mit über 185000 benannten
Tierarten (15,7% aller Tierarten in der Welt – 286 Säugetiere, 736
Volgelarten, 268 Reptilien, 158 Amphibien, 449 Süßwasserfische, 4000
Arten von Meerfischen und noch 150000 Arten andere Wirbeltiere)
vertreten war, ist hier nicht viel zu spüren. Also eine Ziege, die
Vertreterin der biologischen Konzentration in Borneo, sozusagen.
Dabei weiß doch jedes koreanische Kind, daß Ziegen keine wilden
Tiere sind. Aber da handelt sich es sich ja eben um ein Film.
Nachdem das Script umgeschriegben wurde, hieß es also nicht mehr
„gefürchteten bornesischen Tieger“ jagen, sondern „seltene weiße,
bornesische Flachlanddschungelziege“ erlegen.
Zum Glück, wie gesagt, hat die Ziege nett mitgespielt, immer im
richtigen Moment freunlich in die Kamera gemeckert, furchtlos ins
Blasrohr gekuckt, und sich dann auch noch vor drehender Kamera
schlachten, braten und verspeisen lassen. Damit war es Abend, es
regnete in Strömen und „mein“ Haus war plötzlich voll von Kriegern
in Lendenschürzen, halb betrunkenen Dorfältesten, Borneo
Schönheiten, und wackeren, unbeirrten Müttern die ohne sich zu
beklagen am offenen Herd schwitzten und Delikatessen zauberten,
dabei ihre Kinder hüteten, und ihre angtrunkenen Männer weiter
beweinten. Die Bengels waren zu dieser Zeit auch eingetroffen, und
von Schularbeit konnte ja gar nicht die Rede sein, denn jetzt wurde
auf das Leben vorbereitet: eine Feier in Borneo muß gut gelernt
sein, und zu diesem Zweck auch oft wiederholt werden. Das macht
Meister, und in Borneo hier ist Feiern, und Gastfreundschaft eine
Tradition die von Mutter auf Tochter, von Vater auf Sohn
weitergegeben wird, und das hoffentlich noch für lange Generationen.
Ausdauer spielt auch eine wichtige Rolle, und dabei geht ja nichts
über Üben...
Schließlich war das Essen fertig, die Ziege gebraten, alle Leute
angheitert. Es gab noch etwas mehr Reiswein als Aperitif, dann
gebratene Farne, Huhn in Reiswein und Bambussproßen, BBQ Ziege, die
Leber derselbigen als Curry, und Reis. Wie die Leute anfingen zu
singen und zu den dröhneneden Gongs zu tanzen auf daß er Bambusboden
sich bog, brachten die Koreaner Tetrapaks voll von Koreanischem
Reiswein, welches sich als distilliertes Extrakt von Süßkartoffeln
herausstellte. Koreanischer Vodka, also, ein Hammer, aber sicher,
das merkten auch die Bengels.
Tja, der Morgen hat dann schließlich gegraut, und uns graute es, daß
nicht alle Tage Honigschlecken ist...
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