Kadazan Hochzeiten in Penampang
Es ist noch gar nicht so lange her wie die Kadazan für ihre Kinder die Partner
aussuchten, und Hochzeiten waren im allgemeinen eine sehr einfache
Angelegenheit. Gundohing Dousia, der 6. direkte Nachkomme des legendären Kadazan
Kriegers und Kopfjägers Monsopiad erinnert sich noch gut and die alten Zeiten.
In unseren modernen Zeiten ist freie Partnerwahl das Übliche; etwas Anderes sich
vorzustellen ist schwierig, und vielleicht einer der wenigsten verstandenen
Bräuche. Aber in vielen Ländern rund um die Welt sind immer noch die Eltern für
die Partnerwahl ihrer Kinder zuständing. “Wer bezahlte denn den Brautpreis wenn
nicht der Vater?” Fragt Dousia. “Die Kinder hatten großen Respekt vor den
Eltern,” fährt Dousia fort, “und sie waren ja auch total von ihnen abhänging.
Wenn ein Junge, oder ein Mädchen, den Partner ihrer Wahl heiraten wollte, und
die Eltern damit nicht einverstanden waren, dann hatten die Kinder das
akzeptiert. Und ebend, wie wollte ein Junge den Brautpreis aufbringen, damals
waren alle noch Zuhause beschäftigt, im Feld, und bei der Jagd? Damals konnte
man nicht einfach in die Stadt, sich Geld verdienen, jemanden kennenlernen, und
dann heiraten.”
Also haben sich die Eltern den Partner ausgesucht, und es war Brauch, daß die
Eltern eines Jungen eine Familie mit heiratsfähigen Töchtern besuchte. Das
heiratsfähige Alter für Männer war ab sechzehn, Mädchen wurden auch mal mit
vierzehn schon verheiratet. Der Vater des jungen Mannes eröffnete die
Verhandlungen ungefär so: “Ich habe einen kräftigen und guten Sohn der eine Frau
braucht, und ich sehe, daß Ihr gute Töchter habt. Es wäre sehr genehm, wenn Ihr
eine Eurer Töchter mit meinem Sohn vertraut.” Den Eltern des Mädchens wird eine
gewisse Zeit zum Bedenken gegeben. Wenn ihnen die Familie nicht sehr bekannt ist
werden sie das Haus des jungen Mannes besuchen um sich so ein besseres Bild
ihres zukünftigen Schwiegersohnes machen. Dann wollen sie ja auch erfahren, ob
die Familie, die um die Hand der Tochter anhält, den nopung, den Brautpreis
aufbringen kann.
Wenn die Eltern der Tochter dem Vorschlag zustimmen werden ihnen die Eltern des
zukünftigen Schwiegersohnes noch einmal einen Besuch abstatten, während welchem
die Verlobung stattfindet. Der Besuch ist sehr wichtig, weil jetzt der
Brautpreis verhandelt wird. Traditionel besteht der nopung aus fünfzehn
Wasserbüffeln, zehn antiken bronze Kanonen, drei große und alte chinesische
Steinguttöpfe oder Vasen und ein bronze Gong. Außer den Wasserbüffeln sind all
die anderen Zahlungsmittel begehrte Familienerbstücke. Natürlich werden die
Eltern der Schwiegertochter einen höheren Preis verlangen als es der Brauch ist,
und langes Verhandeln ist erwartete Tradition. Sollten die Eltern des jungen
Mannes nicht verhandeln, sondern einfach bezahlen würden sie als Snob
angeschaut. Sollten sie aber zuviel verhandeln, und versuchen einen besonders
guten Preis für die Tochter zu erhalten, dann wundern sich Eltern der
Schwiegertochter, ob sie überhaupt bezahlen können. Wenn der nopung schließlich
festgelegt wurde, wurden die Bedingungen der Bezahlung verhandelt. So kann zum
Beispiel erlassen werden, daß der Brautpreis über eine gewisse Zeit bezahlt
wird, oder daß Büffel, Kanonen, Vasen und Gongs mit Geld ersetzt wird. “Damals
haben wir zehn Ringgits für einen Büffel verlangt,” erklärt Dousia, “und eine
Kanone war fünfzehn Ringgit. Aber das war eine lange Zeit her, heute sind zehn
Ringgits mindestens tausend Ringgits!“ Alles kann mit Geld ersetzt werden, außer
zwei Büffel, und das ist heute noch der Fall, denn man braucht die Büffel für
den Hochzeitsschmaus.
Wenn nopung und Art der Bezahlung erledigt sind wird ein geigneter Tag für die
Hochzeit ausgesucht. Es muß ein günstiger Tag ausgesucht werden, der den
Brautleuten einen verheißenden Start ins neue Leben verspricht, und der
Mondkalender spield dabei eine wichtige Rolle. Hochzeiten können jeder Zeit
statfinden, außer in den Monaten März, wenn man die Friedhöfe und Gräber der
Vorfahren besucht, und während des Fastenmonates der Bajau und anderen
küstenlebenden Malay Gruppen. Die Kadazan hatten schon seit Menschengedenken
Geschäfte mit der Malay Bevölkerung entlang der Küsten, und weil sie Freunde
sind werden sie natürlich auch zu den Hochzeiten eingeladen. Während des
Fastenmonates müßten die Malays die Einladung allerdings ablehnen. Um das zu
verhindern werden einfach keine Hochzeiten während des Fastenmonates gehalten!
Wenn die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind, von nopung bis zum Datum
der Hochzeit wird Essen serviert. Am frühen Abend gehen die Eltern des
zukünftigen Schwiegersohnes nach Hause, aber sie werden auch nach Omen ausschau
halten. Wenn zum Beispiel einer der beiden Eltern Magenkrämpfe nach dem Essen
hat, ein Hauspfosten splittert, ein Ast von einem Baum auf dem Heimweg fällt,
dann muß das Datum für die Hochzeit sofort in neuen Verhandlungen geändert
werden.
Im allgemeinen ist die Hochzeit einen Monat nach den Verhandlungen – wenn keine
schlechte Omen auf dem Heimweg angetroffen wurden. In den meisten Fällen kennen
sich Braut und Bräutigam bis jetzt noch nicht, allenfalls flüchtig vom Markt,
oder gemeinschaftlicher Feldarbeit.
Ungefähr eine Woche vor der Hochzeit übernehmen es zwei Freunde oder Verwandte
der Familien, die Nachbarschaft zum Fest einzuladen. Die eigentliche Hochzeit
fängt früh am Morgen im Haus des Bräutigams an. Verwandte und Freunde versammeln
sich zu einem verspäteten Frühstück, und gegen Mittag machen sie sich auf den
Weg zum Haus der Braut. Der Bräutigam ist in sein bestes zeremonielles Gewand
gegkleidet, mit Kopfjadschwert, und reich verziertem Turban. Freunde tragen den
Nopung in der Mitte der kleinen Prozession, und viele der Teilnehmer bringen
Gongs. Im Allgemeinen bleiben die Eltern des Bräutigams zu Hause.
Wenn sich die Prozession dem Haus der Braut nähert werden die Gongs im
festlich-fröhlichen Sumazau Rythmus geschlagen. Bräutigam und Entourage werden
ins Haus gelassen, wo der Nopung presentiert wird. Wenn alles stimmt wird Reis
und Trinken serviert, und dann nimmt der Bräutigam seine Braut zu sich nach
Hause. Diesemal bleiben oft die Eltern der Braut in ihrem Haus zurück, und
beteiligen sich nicht weiter an der Hochzeitsfeier.
Unter dem donnernden Rythmus vieler Gongs geht die Prozession wieder zurück in
das Haus des Bräutigams. Die Gongs können weithin gehört werden, und sind eine
Einladung zur Hochzeit. Am Haus angekommen werden Braut und Bräutigam von einer
älteren Frau, oft einer Bobohizan – einer Ritualspezialistin – aufgefordert,
einen Fuß auf einen runden Stein am unteren Ende der Haustreppe zu machen. Wie
das Paar so am Fuß der Treppe steht hält die Bobohizan konische Hüte über die
Häupter der zu verheiratenden und spricht einige magisch-mzstische
Inkantationen. Stein und Hut sind beides Symbole: der Stein bedeuted, daß die
Vermählung lange halten soll, und der Hut reinigt und beschützt das Paar vor
bösen Geistern am Hochzeitstag. Die kurze Inkantation ist dazu gedacht, die
astrale Welt von der Vermählung zu informieren, daß alles mit rechten Dingen
geschieht. Nach dieser kurzen Zeremonie darf Braut und Bräutigam ins Haus,
gefolgt von all den Freunden und Verwandten. Im Haus werden die Frischvermählten
in die Mitte gesetzt, Braut links vom Bräutigam. Manchmal werden sie auch sich
gegenüber gesetzt. Sogleich wird Reis aus einem Wok serviert – nicht aus einem
ordinären Kochtopf – damit das Paar immer genug Reis zum Essen hat. Braut und
Bräutigam nehmen etwas Reis in die rechte Hand und kneten ihn zu einem Ball.
Dann schiebt zuerst der Bräutigam seiner Braut den Reisball in den Mund, und
dann die Braut. Das Paar kommt von verschiedenem Blut, aber jetzt sind sie eins.
Des weiteren gibt es Hühnerkeulen in Suppe gekocht, denn der Bräutigam darf kein
Büffel essen. Die hat er ja den Schwiegereltern gebracht um das Festessen zu
machen, und es wäre nicht gute Sitte, davon zu essen. Außerdem, sollte er
trotzdem Büffel an seinem Hochzeitstag essen, könnte es ja sein, daß das Paar
nie Kinder haben wird.
Nach der symbolischen Vereinigung und Vermählung des Paares dürfen nun endlich
auch die Verwandten und geladenen Gäste essen. Um dem Festschmaus zuzubereiten
haben sich Verwandte von beiden Seiten zusammengetan und gemeinsam gekocht. Es
ist offenes Haus, und je mehr an der Hochzeit teilnehmen, desto besser. Gäste
brauchen nichts mitzubringen, aber sie müssen im Sumazau mittanzen, kräftig
mitfeiern, essen, und trinken – und während einer Hochzeit fließt Reiswein eher
reichlich!
Vor Nachteinfall müssen Braut und Bräutigam zurück ins Haus der Eltern der
Braut, wo ein Zimmer für die Frischvermählten bereitgestellt wurde. Viele
Gebräuche und Traditionen, sowohl auch Taboos müssen in dieser Nacht beachtet
werden. Das Brautpaar darf nicht baden um nicht anfällig für böse Geister zu
werden, oder das gute Glück, welches die Gäste mitbrachten, wegzuwaschen. Sie
dürfen auch nicht aus dem Haus gehen, nicht einmal einen Fuß auf die Erde
setzen. Sollten sie das tun könnten ihre Kinder mit Hautkrankheiten geboren
werden, oder später im Leben ihre Eltern verlassen. Erst am nächsten Tag kann
der Mann seine Frau zum Haus seiner Eltern zurückbringen, wo sie leben werden
bis der junge Mann sein eigenes Haus fertig gebaut hat.
Drei Monate nach der Hochzeit ist es Gebrauch, daß der Mann seine
Schwiegereltern besucht. Er bringt ein Schwein mit, welches zeremoniell
geschlachtet wird, und dann von der ganzen Familie gegessen wird. Von diesem
Zeitpunkt an sind alle der beiden Familien als blutsverwandt anerkannt.
ab
Seit Ende der Kolonialherrschaft hat sich viel im Leben der Kadazan – wie auch
der anderen Stämme - in Sabah geändert. Eine der bedeutensten Änderungen ist
wohl, daß sich junge Leute, Mädchen und Jungs, sich nun den Partner selbst
aussuchen. Dazu sagt Dousia: „Nun, heutzutage haben die jungen Leute natürlich
Geld. Sind die Eltern nicht mit der Wahl des Sohnes, oder der Tochter,
einverstanden, dann wird geantwortet: wer bezahlt denn den Brautpreis...?“
Generell dauern Hochzeitsfeste nun zwei Tage. Am Samstag wird im Haus der Eltern
der Braut angefangen, und am Sonntag geht es zum Haus des Bräutigams. Es wird
immer noch für günsitge Tage für den Hochzeitstag gesucht, wobei der Chinesische
Mondkalender gut gelegen kommt. Die Hochzeitszeremonie wird in einer Kirche
gefeiert, wobei Westliche Kleidung – Mann schwarzer Anzug, Frau weißer Schleier-
de rigeur ist. Aber ebend, wie gesagt, die Hochzeit fängt im Haus der Braut an,
und das Paar übernachtet bei den Eltern der Braut, daran hat sich nichts
geändert, ebensowenig wie an den zwei Büffeln, oder dem Konzept des offenen
Hauses während der Hochzeit. Gongs werden immer noch geschlagen, aber nicht für
die ganze dauer der Hochzeit, vielmehr sind es synthetische Klaviere und
elektrische Gitarren, kopuliert mit Karaoke die der ganzen Nachbarschaft
verraten, daß geheiratet wird. Und an der ganzen Festlichen Athmosphäre, daran
hat sich seit Jahrhunderten nichts verändert: Hochzeiten sind nach wie vor ein
ausgiebiges und festliches Gelage bei dem jeder Gast mehr als wilkommen ist, und
es wird bis lange in die Nacht getanzt, gesungen, und getrunken. Vorallem
getrunken. Und um nochmals auf den Brautpreis zurückzukommen: für eine junge
Frau aus gutem Hause, mit höherer Ausbildung können manche Eltern so exorbitante
Preise verlangen, daß es vielen Verehrern nicht möglich ist, sie zu heiraten.
Wer sagt denn, daß die Kadazans keinen Einfluß auf ihre Kinder mehr haben...?
Nach einem Interview mit Gundohing Dousia Moujing ,
6. direkter Nachkomme des berümten Kadazan Kriegers und
Kopfjägers Monsopiad. 27/11/2001.
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Bevor das Brautpaar ins Haus gehen kann...

...wird es von einer Bobohizan gesegnet.

Nach der kurzen Zeremonie beginnt das Fest!

Traditionelle Mitgift

Wasserbüffel spielen auch heute noch eine Wichtige Rolle in
Hochzeiten!
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